Auf seine langjährige Erfahrung als Übersetzer greifen unter anderem Gerichte, Firmen und Freunde zurück
Pfullendorf Am Anfang ging es Musa Taraca eigentlich nur darum, seinen türkischen Freunden und Bekannten einen Gefallen zu tun: Er begleitete sie beispielsweise zu Behörden, um als Übersetzer einzuspringen, wenn es Probleme gab. Doch diese Zeit ist seit Jahrzehnten vorbei. Inzwischen hat sich Taraca selbstständig gemacht, arbeitet als Dolmetscher vor Gericht, nimmt Aufträge von Unternehmen an und begleitet Firmenvertreter auf Geschäftsreisen. Und so kann es vorkommen, dass auch schonmal mitten in der Nacht sein Handy klingelt, weil jemand seine Hilfe braucht.
Musa Taraca denkt zum Beispiel an eine Nacht in einem Münchener Hotelzimmer zurück. „Eigentlich wollte ich schlafen, aber dann hat mein Telefon geklingelt“, sagt er. „Eine Stunde lang habe ich dann noch beim Übersetzen geholfen.“ In der Regel laufe sein Arbeitsalltag aber geregelt ab, sagt Taraca. Das Dolmetschen vor Gericht mache etwa die Hälfte seiner Aufträge aus. Bei mehr als 50 Verhandlungen pro Jahr seien seine Dienste gefragt. „Beauftragt werde ich von Amts-, Verwaltungs- und Landgerichten“, sagt Musa Taraca. „Zum Beispiel in Hechingen, Sigmaringen, Bad Saulgau, Ravensburg und Biberach.“
Im Laufe der Jahre ist Musa Taraca auch beim ein oder anderen spektakulären Fall zum Einsatz gekommen. So erinnere er sich etwa an eine Verhandlung gegen einen Mann, der über Jahre hinweg seine Stieftochter missbraucht habe. Außerdem in Erinnerung geblieben sei ihm ein Verfahren in der Türkei, in dem es um Kindesentführung ging und bei dem Taraca einen Teil des Schriftverkehrs übersetzte. „Solche Sachen beschäftigen einen schon länger“, sagt er.
Doch natürlich bringt Musa Taracas Beruf auch so seine schönen Seiten mit sich – zum Beispiel, wenn Firmen seine Dienste als Dolmetscher in Anspruch nehmen. „Besonders viel Spaß macht es mir, wenn ich auf vielen Ebenen aktiv sein kann“, sagt Taraca. „Wenn ich mir also mal das Werk ansehen darf, bei Gesprächen mit der Geschäftsführung dabei bin, aber auch die Mittagspause mit den Angestellten verbringen kann.“ Vor zwei Jahren habe er sich über Monate um einen solchen Großauftrag gekümmert. Auftraggeber sei ein Unternehmen aus dem Technikbereich beziehungsweise Maschinenbau gewesen. „Das hat mir viel Freude bereitet. Angst vor Fachwörtern hat man nicht mehr, wenn man so lange als Übersetzer arbeitet wie ich“, sagt Taraca.
Musa Taraca kam 1978 nach Pfullendorf. Bereits zwei Jahre später half er als Übersetzer in der Berufsfachschule Bad Saulgau – in einer Klasse, die hauptsächlich aus türkischen Schülern bestand. 1982 absolvierte Musa Taraca am Orientalischen Seminar an der Uni Tübingen seine erste Prüfung. Die letzte legte er im Jahr 2000 beim staatlichen Prüfungsamt in Darmstadt ab. Seitdem ist Taraca staatlich geprüfter, öffentlich bestellter und beeidigter Übersetzer für Türkisch und öffentlich bestellter und beeidigter Dolmetscher für Türkisch und Arabisch. „Zwei- bis dreimal pro Jahr bin ich noch in der Türkei, um mein Türkisch zu pflegen und die Straßen zu besuchen, in denen ich aufgewachsen bin“, sagt Taraca.
Gefragt ist der Pfullendorfer inzwischen zum Beispiel auch bei Unternehmen, die mit Kunden in der Türkei oder in arabischen Ländern zusammenarbeiten wollen. In solchen Fällen arbeitet er nicht nur als Dolmetscher, sondern auch als Kulturmanager. „Ich gebe Schulungen, um das ganze Vorhaben erfolgreich vorzubereiten“, sagt er.
Vor fünf Jahren hatte Musa Taraca seine Anstellung bei Alno aufgegeben, um sich selbstständig zu machen. Diese Entscheidung habe er bislang nicht bereut. „Ein Wagnis war es trotzdem, unter anderem wegen des abgelegenen Standorts Pfullendorf“, sagt Taraca. Doch der Schritt habe sich gelohnt, denn er habe seinen Wirkungskreis im Laufe der Zeit nicht nur auf ganz Baden-Württemberg, sondern auch auf Bayern ausgedehnt. Und wenn ein Freund ganz privat seine Hilfe braucht, springt Musa Taraca selbstverständlich immer noch ein.
(Erschienen: 30.07.2013 16:15)